Nachgeforscht bei Daniel Krug von "Sample das Saarland"
In unserer Reihe Nachgeforscht schnuppern wir mit euch in die Citizen-Science-Projekte auf unserer Plattform rein. Regelmäßig stellen wir eine Projektinitiatorin oder einen Projektinitiator vor und sprechen über ihre oder seine Idee, wie sie Wirklichkeit wurde und worauf es beim Mitforschen ankommt. Diesmal mit dem Biotechnologen Daniel Krug.
Daniel Krug forscht am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland in der Abteilung „Mikrobielle Naturstoffe“ und ist Ansprechpartner für das Projekt Sample das Saarland.
Worum geht es in dem Projekt „Sample‘ das Saarland“ (ganz kurz)?
Das Ziel ist, möglichst viele Bodenproben zu untersuchen und darin neue Bakterien zu entdecken. Diese Bakterien sind eine wertvolle Quelle für neue Naturstoffe, die wir dringend finden müssen, um sie zu neuartigen Medikamenten weiterzuentwickeln.
Wo sind Sie zum ersten Mal mit Citizen Science in Berührung gekommen?
Eigentlich wurde uns erst klar, dass wir gerade dabei sind ein typisches Citizen-Science-Projekt zu entwickeln, als wir schon mittendrin waren in der Planung.
... und was hat Sie bewegt, dabei zu bleiben?
Wie wir Menschen, die größtenteils noch nie in einem wissenschaftlichen Labor gearbeitet haben, dazu bringen könnten, etwas zu unserer Forschung beizutragen.
Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt? Und warum wollen Sie Bürgerbeteiligung?
Schon lange hat es uns beschäftigt, dass in unserem Probenarchiv – das tausende Bodenproben aus der ganzen Welt enthält – nur sehr wenige Proben aus der Region rund um unser Institut vorhanden sind. Unsere Analysen zeigen aber, dass nicht nur Proben aus fernen Ländern und exotischen Ökosystemen interessante Bakterien enthalten, sondern auch die Erde gewissermaßen direkt vor der eigenen Haustüre durchaus Überraschungen bereithält. Daraus entstand die Idee, eine Probennahme-Kampagne unter Mithilfe interessierter Bürgerinnen und Bürger zu starten.
Womit ringen Sie in Ihrem Arbeitsalltag am meisten?
Wir betrachten jede einzelne Bodenprobe als möglichen Startpunkt einer aufregenden wissenschaftlichen Entdeckung. Gleichzeitig ist die Zeit, die man für die Untersuchung aufwenden kann, aber begrenzt – die Mikrobiologinnen und Mikrobiologen stehen also vor der täglichen Herausforderung, auf keinen Fall etwas Interessantes zu übersehen, ohne sich aber beliebig lang mit jeder Analyse beschäftigen zu können. Da muss man schon mal Prioritäten setzen, auch wenn man eigentlich am liebsten dem wissenschaftlich-detektivischen Spürsinn nachgeben und jede Probe so lange analysieren möchte, bis man darin etwas Spannendes entdeckt hat.
Mal ehrlich: Gab es auch Fehlversuche oder Enttäuschungen? Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen?
Uns ist klar geworden, dass die Idee der Wissenschaft zu helfen zwar durchaus viele Menschen anspricht, aber eine gewisse spielerische Komponente auf keinen Fall fehlen darf. Also z.B. die Motivation, einen ganz besonderen Platz in der Natur aufzusuchen und uns von dort eine Bodenprobe zu schicken. In dieser Hinsicht kann unser Projekt bestimmt noch weiterentwickelt werden – mal sehen, vielleicht probieren wir im Frühjahr mal so eine Art „Saarland-Sample-Geocaching“ aus.
„Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will“, weiß Galileo Galilei. Und darüber hinaus? – Was sind die 3 wichtigsten Eigenschaften, um bei dem Projekt mitzumachen?
Man muss sich mit der Vorstellung anfreunden, dass der Erdboden von einer unglaublichen Vielzahl Mikroorganismen durchsetzt ist, die alle gewissermaßen ihre individuelle Überlebensstrategie verfolgen. Wenn man sich dann vor Augen hält, dass man mit der entnommenen Probe gewissermaßen ein wissenschaftliches Fenster in dieses „mikrobielle Universum“ öffnet, ist man schon auf dem besten Weg eine zukünftige Mikrobiologin bzw. ein zukünftiger Mikrobiologe zu werden …
Gummistiefel und Fernglas, Toolkit oder App – wie technisch versiert sollten Ihre Mitforscher sein?
Es hilft bestimmt, wenn man gerne draußen in der Natur unterwegs ist, besonders auch etwas außerhalb von dicht erschlossenen Gebieten. Der wichtigste Schritt ist dann, etwas Erde mit einem Löffel in ein Probentütchen abzufüllen, möglichst ohne zu viele „eigene“ Bakterien hinzuzufügen – das bekommen alle hin. Wenn man dann noch das Smartphone zur Hand nimmt und die genauen Koordinaten in unserer mobilen App registriert, ist die Probennahme perfekt.
Was kann man in Ihrem Projekt dazulernen?
In erster Linie kann man interessante Einblicke erhalten, wie die Entdeckung neuer pharmazeutischer Wirkstoffe anhand von Naturstoffen aus Bodenbakterien funktioniert. Unsere Mitmachenden können anhand der eigenen Bodenprobe miterleben, wie aus ein paar Krümeln Erde wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen. Sie werden dabei auch lernen, dass Forschungsergebnisse nicht immer schnell zu erreichen sind. Gute mikrobiologische Forschung funktioniert eben in weiten Teilen nicht wie bei „CSI:Miami“
Ihr schönster Citizen-Scientist-Moment – wie war der? Was war der größte Erfolg der gemeinsamen Forschung?
Unsere Aktion haben wir im Juni zum Tag der offenen Tür auf dem Uni Campus Saarbrücken gestartet, und als dann in den Wochen danach die ersten grünen Markierungspunkte in der Saarland-Karte auf unserer Webseite auftauchten und Briefumschläge mit Bodenproben im Labor eintrafen, war die Freude groß. Alle Beteiligten haben in diesem Moment gemerkt: ja, das kann funktionieren. Inzwischen haben wir über 150 Bodenproben erhalten, die nach und nach dieselben Analyseprozeduren durchlaufen wie die Bodenproben, die wir von Partnern aus aller Welt bekommen. Schon jetzt können wir sagen, dass in diesen „Saarland samples“ viele interessante und auch einige neuartige Bakterien enthalten sind, die uns gewissermaßen bisher noch nicht unters Mikroskop gekommen waren. Mit Blick auf den wissenschaftlichen Wert ist es auf jeden Fall ein erfolgreiches Projekt, auch wenn wir über die Ergebnisse im Detail in vielen Fällen erst später berichten können.
Wo kann man Ergebnisse Ihres Projektes sehen?
Wir werden demnächst eine Bildergalerie auf unserer Webseite einrichten, und dort immer wieder „mikroskopische Porträts“ von neu gefundenen Bodenbakterien aus den Erdproben einstellen. Und da sich viele unserer freiwilligen Probensammelnden mit einer E-Mail-Adresse bei uns registriert haben, können wir auch auf diesem Weg ein wissenschaftliches Feedback zu den eingeschickten Proben geben.
Beispiel für ein Bodenbakterium der Spezies Chondromyces crocatus, das unter dem
Mikroskop gut sichtbare bunte Fruchtkörper bildet.