„Unser Ziel war es, möglichst unterschiedliche Perspektiven einzuholen” - Ein Rückblick auf den IdeenLauf
Im Wissenschaftsjahr 2022 - Nachgefragt! steht der Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft im Fokus. Bei der zentralen Mitmachaktion des Wissenschaftsjahres, dem IdeenLauf, waren Bürger*innen daher eingeladen, Impulse für die Forschungspolitik der Zukunft zu setzen. Im Interview blickt Martin Gora, Projektleiter des IdeenLauf bei Wissenschaft im Dialog, auf den partizipativen Prozess zurück.
Am Freitag, den 25. November, diskutieren wir in unserer digitalen Mittagspause mit Martin Gora zum Thema „Forschungspolitik mitgestalten: Learnings aus dem IdeenLauf". Die Veranstaltung findet von 12 bis 13 Uhr via Zoom statt und steht allen Interessierten offen. Hier geht es zur Anmeldung.
Am 23. November wird das Ergebnispapier des IdeenLaufs an das Bundesministerium für Bildung und Forschung und an die Allianz der Wissenschaftsorganisationen übergeben. Was waren die Ziele des IdeenLaufs?
Gora: Das zentrale Ziel des IdeenLaufs war es, Bürger*innen in forschungspolitische Entscheidungen einzubinden. Deswegen wollten wir von den Bürger*innen wissen, mit welchen Fragen sich Wissenschaft und Forschung aus ihrer Sicht in Zukunft befassen sollten. Damit verbunden war das Ziel, einen Austausch zwischen Forschenden und Bürger*innen über wissenschaftliche Fragen zu initiieren.
Wie profitieren Wissenschaft und Forschungspolitik von der Einbindung derBürger*innen?
Gora: Im IdeenLauf haben sich viele unterschiedliche Menschen beteiligt, die alle Expert*innen für ihre eigene Alltags- und Berufsrealität sind. Das sind wichtige Perspektiven und sie können so neue Ideen und Fragestellungen einbringen. Das gilt für den Forschungsprozess, etwa bei der Erstellung von Forschungsfragen, aber auch bei forschungspolitischen Entscheidungen.
Auf der anderen Seite profitieren aber auch die Bürger*innen. So kann durch den Dialog das Vertrauen in Wissenschaft und die Wissenschaftsmündigkeit gestärkt werden. Beides sind wichtige Voraussetzungen für eine widerstandsfähige demokratische Gesellschaft.
In der ersten Phase des IdeenLaufs waren Bürger*innen eingeladen, ihre Fragen für die Wissenschaft einzusenden. Wie ist es euch gelungen, Bürger*innen zum Mitmachen zu bewegen? Gab es dabei Herausforderungen?
Gora: Unser Ziel war es, möglichst unterschiedliche Perspektiven einzuholen und viele verschiedene Bürger*innen zum Fragenstellen zu motivieren. Die Herausforderung dabei war, möglichst unterschiedliche Kanäle zu nutzen, um Bürger*innen zu erreichen. Denn nicht alle sind zum Beispiel gleichermaßen in den sozialen Netzwerken zu finden. So haben wir neben einer Aktivierungskampagne auf Social Media auch die Förderprojekte des Wissenschaftsjahres genutzt, um Fragen zu sammeln. Um direkt mit den Menschen ins Gespräch zu kommen waren wir aber auch persönlich vor Ort und haben beispielsweise in Schulen, Museen oder Zoos Bürger*innen um ihre Ideen und Fragen gebeten.
Über 14.000 Fragen für die Wissenschaft wurden in dieser ersten Phase eingereicht. Wie ging es danach mit den Fragen weiter?
Gora: Die Fragen wurden von den drei Gremien des IdeenLaufs, die aus Wissenschaftler*innen und Bürger*innen bestehen, gemeinsam diskutiert und zu Schwerpunktthemen zusammengefasst. Die Gremien haben außerdem Überschneidungen zwischen unterschiedlichen Themen identifiziert. Diese Überschneidungen haben wir ZukunftsRäume genannt, denn sie zeigen potentielle neue Forschungsfelder auf. Im anschließenden digitalen Bürgerdialog, der Online-Konsultation, konnten alle Bürger*innen diesen Zwischenstand kommentieren. Ihr Feedback floss in das Ergebnispapier ein, das am Ende dieses Prozesses steht und welches wir jetzt übergeben werden.
Welche Themen haben die teilnehmenden Bürger*innen besonders bewegt? Welche ZukunftsRäume für Forschung und Forschungspolitik wurden aufgezeigt?
Gora: Besonders im Fokus standen Fragen, die die Gesellschaft derzeit stark beschäftigen, beispielsweise zur Coronapandemie und postviralen Erkrankungen wie Long COVID oder Fragen zur Energiesicherheit und künftigen Formen der Energiegewinnung.
Auch die ZukunftsRäume weisen eine große Bandbreite auf. Da es über das Jahr für die Gremien ein zentrales Thema war, nimmt ein ZukunftsRaum beispielsweise den Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft in den Blick und wirft die Frage auf, wie dieser gestaltet sein muss, um Herausforderungen wie der Klimakrise adäquat begegnen zu können.
Wie habt ihr die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Gremien des IdeenLaufs - Jury, Science Panel und Citizen Panel - erlebt?
Gora: Die Gremien des IdeenLaufs sind sich auf Augenhöhe begegnet und haben an einem Strang gezogen. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist vor allem während der Clusterkonferenz entstanden, auf der die Gremien drei Tage lang intensiv zusammengearbeitet haben. Sämtliche Berührungsängste wurden schnell abgelegt und es entwickelten sich gewinnbringende Diskussionen. Der Zusammenhalt hat sich dann durch das gesamte weitere Jahr getragen und war für die Erstellung des Ergebnispapiers sehr wichtig.
Was sind deine persönlichen Learnings aus dem IdeenLauf? Was würdest du Personen raten, die ähnliche partizipative und ko-kreative Prozesse durchführen möchten?
Gora: Für uns war es wichtig, dass wir trotz eines engen Zeitplans eine gewisse Flexibilität bewahrt haben. Denn es lag uns am Herzen, auch Impulse und Ideen der Gremien zu berücksichtigen. Die Teilnehmenden einzubinden und sie nicht in ein enges Korsett zu zwingen, erhöht ihre Motivation und hilft auch dem Prozess, der von diesem Input profitiert.
Wie geht es mit den Ergebnissen des IdeenLaufs jetzt weiter?
Gora: Wissenschaft und Forschungspolitik werden sich intensiv mit den erarbeiteten Inhalten auseinandersetzen und das Ergebnispapier bis Sommer 2023 auf Umsetzungspotenziale prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung wird dann der Öffentlichkeit vorgestellt.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung plant zudem zwei Förderrichtlinien. Gefördert werden sollen zum einen Vorhaben, die mit innovativen partizipativen Ansätzen die Fragen der Bürger*innen in konkreten Forschungsprojekten adressieren. Zum anderen werden die Ergebnisse des IdeenLaufs in eine neue Förderrichtlinie zur Entwicklung von Sozialen Innovationen einfließen.
Außerdem sind die Fragen und Anregungen der Bürger*innen auch nach dem Ende des IdeenLaufs digital einsehbar und stehen Wissenschaft und Forschungspolitik über das Wissenschaftsjahr 2022 hinaus als Inspiration für weitere Forschung zur Verfügung.
Am Freitag, den 25. November, diskutieren wir in unserer digitalen Mittagspause mit Martin Gora zum Thema „Forschungspolitik mitgestalten: Learnings aus dem IdeenLauf". Die Veranstaltung findet von 12 bis 13 Uhr via Zoom statt und steht allen Interessierten offen. Hier geht es zur Anmeldung.