#ForumCS 2021: Im Gespräch mit den diesjährigen Veranstalter*innen
Vom 6. bis 7. Mai findet das diesjährige Forum Citizen Science unter dem Motto “Vertrauen, Wirkung, Wandel: Citizen Science als Antrieb von Veränderung?” statt. Dieses Jahr zum ersten Mal digital. Wir haben mit Audrey Podann (TU Berlin) und den beiden Projektleitungen von Bürger schaffen Wissen Wiebke Brink (Wissenschaft im Dialog) und Susanne Hecker (Museum für Naturkunde Berlin) über die Ziele, aber auch Chancen und Herausforderungen einer digitalen Tagung gesprochen und nachgefragt, wie die Vertreterinnen der einzelnen Institutionen auf das Thema Bürgerforschung blicken.
Das Forum Citizen Science gibt es bereits 2016. Was sind aus eurer Sicht die wichtigsten Ziele des Forum CS?
Das Forum bietet Gelegenheit, sich zu vernetzen, neue Projekte und Forschung zum Thema Citizen Science kennenzulernen, bekannte Gesichter zu treffen, aber auch Themen gezielt voranzubringen. Die größte Veränderung in diesem Jahr ist natürlich das Online-Format. Mit der digitalen Plattform ergeben sich schöne, neue Möglichkeiten und wir sind gespannt, wie die Teilnehmenden das annehmen und sich zu eigen machen. (Susanne Hecker)
Da kann ich nur zustimmen. Der Austausch zwischen den Teilnehmenden aus den doch oftmals sehr unterschiedlichen Disziplinen ist für uns ein ganz wichtiges Element des Forums. Beim Programm versuchen wir bei jedem Forum eine gute Balance zwischen wissenschaftlichen aktuellen Diskursen und praktischen Workshops zu finden. Ergänzt werden diese auch dieses Jahr durch eine Poster-Session und Kurzvorträge, die Einblicke in die verschiedensten Projekte und Ideen geben. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie vielfältig die Citizen-Science-Landschaft ist und aus welchen Bereiche auch neue Gesichter und Impulse dazukommen! (Wiebke Brink)
Das Motto des diesjährigen Forum Citizen Science lautet “Vertrauen, Wirkung, Wandel: Citizen Science als Antrieb von Veränderung?” Könnt ihr das noch ein wenig erläutern? Was verbindet ihr mit dem Motto?
Wir verbinden mit dem Motto vor allem die Ausdifferenzierung, die die aktuelle Debatte um Bürgerforschung kennzeichnet. Es gibt inzwischen so viele Initiativen und Projekte, dass der „Meta-Diskurs“ immer spannender wird. Zum Beispiel wird die Frage, wie Wirkung in Projektdesigns bestmöglich von Anfang an mitgedacht und methodisch unterstützt wird, schon länger in der transdisziplinären Forschung diskutiert und ist sehr anschlussfähig für den Bereich der Citizen Science. Das Thema Vertrauen ist für uns auch sehr wichtig: Kann die Beteiligung von Bürger*innen dazu beitragen, Forschung insgesamt besser zu verstehen und Vertrauen in das wissenschaftliche Arbeiten und wissenschaftliche Erkenntnisse begünstigen? Diese Fragen sind – das haben wir alle im letzten Jahr gelernt – auch wichtig für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. (Audrey Podann)
Wir knüpfen mit dem Thema an eine Diskussion an, die das Verhältnis von Wissenschaft und anderen Bereichen der Gesellschaft betrifft. Ich möchte den ersten Aspekt aufgreifen. Da steht einerseits die oft gestellte Frage im Raum: Wie kommen wir zu einem Vertrauen in wissenschaftliche Ergebnisse und Prozesse? Auf der anderen Seite aber müssen sich Akteur:innen aus der Wissenschaft auch fragen, wie es um ihr Vertrauen in Partner:innen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen steht. In Citizen Science ist Vertrauen ein wichtiger Aspekt, schließlich geht es um einen kooperativen Prozess und der kann nur gelingen, wenn gegenseitiges Vertrauen da ist. Auf der Basis können Wirkungen und Wandel entstehen. Für viele von uns ist der Motor für Citizen Science der Wille, etwas zu bewirken, zu verändern. Ob und wie uns das gelingt wollen wir beim Forum in diesem Jahr kritisch diskutieren. (Susanne Hecker)
Wir alle sind überzeugt von Citizen Science als Ansatz für eine produktive und wertvolle Zusammenarbeit von Wissenschaft und Zivilbevölkerung - und teilen diese Sicht mit vielen anderen Personen und Institutionen. Gleichzeitig spiegelt unser Tagungsmotto ja auch wieder, dass aktuell viele und große Erwartungen mit Citizen Science verknüpft werden. Daher ist es umso wichtiger zu reflektieren: Wo stehen wir denn gerade und welche Rahmenbedingungen tragen zu guten Projekten mit entsprechender Wirkung bei? Und was oder wen erreichen wir vielleicht (noch) nicht mit Citizen Science? An diesem Punkt gibt es auch eine enge Verzahnung mit dem aktuellen Diskurs in der Wissenschaftskommunikation, die beide Communitys nutzen können, um voneinander zu lernen. Daher bin ich auch sehr gespannt auf die Diskussion in der Expert*innenrunde am Freitag morgen. (Wiebke Brink)
Warum ist Citizen Science aus der Perspektive der Wissenschaftskommunikation wichtig? Gibt es aktuelle Kommunikationsthemen, die die Community besonders interessieren?
Citizen Science ist ein Forschungsansatz, der von der Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure lebt, also das Einander Zuhören und Voneinander Lernen und Miteinander Neues schaffen in den Fokus rückt. Insofern sind die Synergien mit den Zielen der Wissenschaftskommunikation schon per se groß. Gleichzeitig ist gute Wissenschaftskommunikation essentiell für die Projekte: Denn ohne diese funktioniert ein Projekt einfach nicht. So gibt es aus unserer Sicht Themen, die auf der Praxisebene stets aktuell bleiben, z.B. Wie gehe ich die Kommunikation an? Wie erstelle ich einen Kommunikationsplan? Und auch sehr wichtig: Wie viele Ressourcen habe ich dafür? Aktuell dreht sich beispielsweise viel um die Frage, wie man die Kommunikation in der aktuellen Corona-Lage je nach Projekt anpassen muss und wie man den Austausch aufrechterhält und vielleicht sogar noch intensivieren kann. Aus Sicht von WiD ist Citizen Science darüber hinaus bedeutsam, weil die Projekte im Idealfall Prozesse, Methoden und Werte der Wissenschaft sicht- und erlebbar machen und damit das Potenzial haben zu einem informierten Vertrauen in Wissenschaft und Forschung beizutragen. (Wiebke Brink)
Das Projekt Bürger schaffen Wissen ist am Museum für Naturkunde Berlin im Forschungsbereich “Gesellschaft und Natur” verortet. Was bedeutet erfolgreiche Bürgerforschung für euch? Und wie wichtig ist sie für das Museum für Naturkunde?
Das Museum für Naturkunde versteht sich als ein Ort, aber auch Treiber für Wissensaustausch und -transfer, Kommunikation und Interaktion für Akteur*innen aus Wissenschaft, Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft. Citizen Science als eine Möglichkeit zu einem Public Engagement im Rahmen der eigentlichen Forschung hat für uns eine besondere Bedeutung, da wir ja auch ein Forschungsmuseum innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft sind. Wir verbinden daher auch Praxis mit der Theorie und haben sowohl eigene wissenschaftliche Citizen Science-Projekte, aber sind auch leitend aktiv in der nationalen und internationalen Citizen-Science-Landschaft wie der europaweiten Plattform EU-citizen.science oder zuletzt mit der Ausrichtung der von der Europäischen Kommission geförderten internationalen Konferenz zu Citizen Science und den globalen Nachhaltigkeitszielen. Zudem beherbergen wir den Europäischen Verein für Citizen Science (ECSA) in unserem Haus und unterstützen als MfN ganz aktiv in verschiedenen Rollen. (Susanne Hecker)
Die TU Berlin ist diesjähriger Kooperationspartner des Forum Citizen Science. Welche Aspekte sind für euch als Universität bei der Idee von Citizen Science besonders interessant und relevant? Und wo ist das Citizen Science institutionell verankert?
Die TU Berlin hat den Schwerpunkt „Wissenschaft und Gesellschaft“ zu einer zentralen Säule ihrer neuen Transferstrategie gemacht und dies auch mit einem Team im Präsidialbereich verankert. Wir stützen uns dabei auf jahrzehntelange Erfahrung der TU im Forschen mit der Gesellschaft und wir haben das Glück, hier bereits feste Strukturen etabliert zu haben wie den Wissenschaftsladen kubus, das Zentrum für Technik und Gesellschaft oder auch die Hybridplattfrm, die an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft arbeitet. Citizen Science ist für uns in der partizipativen Forschung ein besonders spannender und zukunftsweisender Zugang, da von der niedrigschwelligen Beteiligung zum Beispiel über das Sammeln von Daten bis hin zu komplexen transdisziplinären Projektdesigns eine spannende Vielfalt an Bürgerwissenschaften möglich ist, an die sehr viele unserer Wissenschaftler*innen anknüpfen können. Wir haben derzeit verschiedene Citizen-Science-Forschungsprojekte und werden diesen Transferschwerpunkt weiter ausbauen, zum Beispiel durch die Weiterentwicklung unserer Partnerschaft mit der Stadtgesellschaft in Reallaboren der TU-Stadtmanufaktur, bei Projekten auf unserem Campus oder auch als offen interessierte Partnerin für Bürger*innen, die mit ihren Ideen zu uns kommen können. (Audrey Podann)
Welche Citizen-Science-Aktivitäten gibt es an der TU? Auf welche Projekte und Ideen rund um Citizen Science der TU Berlin können die Teilnehmer*innen des Forums gespannt sein?
An der TU gab es 2018 einen Call der internen Forschungsförderung, bei der vier Citizen-Science-Projekte gefördert wurden – es war überwältigend, wie viel dieser interne Call in Bewegung gesetzt hat! Inzwischen freuen wir uns, dass wir mit zahlreichen Beiträgen beim Forum vertreten sind und dass wir auch bei der Ausschreibung des BMBF im vergangenen Jahr zwei Projekte an die TU holen konnten. Interessant an unseren Projekten ist die große Bandbreite: Von Alltagspraktiken wie Schmecken oder Recycling bis hin zu eher ingenieurswissenschaftlichen Zugängen und Methodenentwicklungen. Wir freuen uns auch auf die Keynote von Vera Meyer, die mit einem Citizen-Science-Projekt zur neuen Materialität durch den Einsatz von Pilzen gearbeitet hat – hier haben wir es mit einem spannenden (Sprung-)Innovationsthema aus der Biotechnologie zu tun, von dem sicher noch viel zu hören sein wird und das Potenzial hat, unser aller Leben zu verändern. (Audrey Podann)
Das Forum findet das erst Mal digital statt. Welche Herausforderungen (Stichwort: Zoom-Fatigue) aber auch Chancen bringt das aus eurer Sicht mit sich?
Ursprünglich haben wir uns sehr darauf gefreut, die CS Community in unserem wunderschönen preußischen Altbau-Lichthof im Herzen der Hauptstadt zu begrüßen und als TU Berlin eine gute Gastgeberin für das Forum zu sein. Diese besondere Rolle können wir digital nicht ersetzenersetzten, hoffen jedoch durch die Beteiligung unserer besonderen Wissenschaftler*innen auf Podien und in Vorträgen gute „TU-Akzente“ setzen zu können. Und wir hoffen, dass auch online der Funken zwischen den Teilnehmer*innen überspringt! (Audrey Podann)
In Anbetracht der aktuellen Situation sind wir gerade aber alle ganz froh, dass wir uns frühzeitig für eine digitale Variante entschieden haben. Und klar bringt die Umstellung auch neue Herausforderungen mit sich, nicht nur für die Referent*innen, die ihre Workshops natürlich etwas anders planen müssen, sondern zum Beispiel auch für die Pausen, die so wichtig sind für den informellen Austausch und um Kontakte zu knüpfen und zu intensivieren. Das versuchen wir in verschiedenen Angeboten aufzufangen, zum Beispiel am Mittwochabend mit einer lockeren Netzwerkveranstaltung. (Wiebke Brink)
Gleichzeitig bietet die digitale Variante natürlich auch neue Chancen: Auf der Konferenzplattform haben die Vortragenden zum Beispiel die Möglichkeit, weitere Informationen zu ihren Projekten einzustellen, die Postersession bietet die Chance, kurze begleitende Videos einzuspielen, so dass auch ein asynchrones Abrufen ganz nach den Vorlieben der Teilnehmenden möglich ist. Gegen Zoom-Fatigue bieten wir kleine Bewegungseinheiten an und haben die Vortragssessions in zwei kürzere Blöcke aufgeteilt, sodass man zwischendurch auch gut eine Pause einlegen kann. Wir haben das Glück, das wir von anderen tollen Veranstaltungen lernen konnten. Das kommt dem Forum Citizen Science zugute! (Susanne Hecker)