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Gemeinsam mehr erreichen – das Forum Citizen Science 2018

©Senckenberg

Wie lässt sich der Beitrag von Bürgerforschung für die Wissenschaft und in der Gesellschaft messen? Wie motivieren wir Nachwuchs für Bürgerforschung? Und wie sieht die die Zukunft der Citizen Science Community aus?

Mit großem Hallo begrüßte sich die Community auf dem dritten Forum Citizen Science, das dieses Jahr vom 6. bis 7. September in Frankfurt am Main stattfand. Viele der 130 Teilnehmenden kannten sich bereits aus den Vorjahren. Unter dem Motto „Gemeinsam mehr erreichen“ hatten sich Wissenschaftler*innen, Bürger*innen, Vertreter*innen aus Politik und Medien getroffen, um Erfahrungen auszutauschen, sich zu vernetzen und die Zukunft der Bürgerforschung zu gestalten. Bürger schaffen Wissen, ein gemeinsames Projekt von Wissenschaft im Dialog und dem Museum für Naturkunde Berlin, hatte in Zusammenarbeit mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BIK-F) in Frankfurt am Main eingeladen.

Drei große Fragen beschäftigten die Anwesenden in diesem Jahr besonders: Wie wirkt Citizen Science auf Wissenschaft und Gesellschaft? Wie kann die Bürgerforschung Nachwuchs nachhaltig für das  Mitforschen begeistern? Wie soll die Zukunft der Citizen-Science-Community aussehen?

Matthias Graf von Kielmansegg, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, eröffnete mit seinem Impuls-Vortrag das Forum Citizen Science. Foto: Senckenberg
Matthias Graf von Kielmansegg, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, eröffnete mit seinem Impuls-Vortrag das Forum Citizen Science. Foto: Senckenberg

Dass sich Citizen Science positiv auf Forschung und Gesellschaft auswirken, davon waren die Teilnehmenden des Forums überzeugt, allen voran der Eröffnungsredner und Abteilungsleiter im Bundesministerium für Bildung und Forschung Matthias Graf von Kielmannsegg: „Gut gemachte Bürgerforschung verbessert nicht nur den Forschungsprozess, sondern dient auch dazu, Ergebnisse in die Anwendung zu bringen.“ Das Bundesministerium für Bildung und Forschung habe verstanden, welches Potenzial in der Bürgerforschung stecke, nachdem sie mit Anträgen für ihre Pilot-Förderrichtlinie im vergangenen Jahr regelrecht überrannt wurden. Deshalb sollen ab 2019 neue Programme starten, die Citizen Science in Deutschland besser und nachhaltig fördern.

Wie sich die Bürgerbeteiligung an der Forschung auf die Gesellschaft tatsächlich auswirke, sei schwierig zu messen, sagte die Soziologin Martina Schäfer von der TU Berlin in ihrer Keynote. Ihre Studie zur Wirkung von transdisziplinärem Austausch auf Forschung legt nah, dass Bürgerforscher*innen andere Blickwinkel und so neue Perspektiven in Forschungsprojekte bringen. „Forschung ist erfolgreicher, wenn sich verschiedene Disziplinen mit Bürger*innen zusammenschließen, weil die Forschenden verschiedener Bereiche voneinander lernen“, sagte Schäfer.

„Der Anteil der Bürgerwissenschaften steigt. Citizen Science ist im Aufwind!“, sagte Prof. Dr. Georg Zizka von der Senckenberg Gesellschaft in seiner Projektvorstellung „Hidden Champions“. Aber nur in Themengebieten, die die Menschen besonders interessierten. In vielen anderen Bereichen fehle es an Nachwuchs, was vielen Citizen Science Projekten Sorge bereite: Wie können junge Menschen für das Mitforschen gewonnen und dann auch langfristig gehalten werden? Während der öffentlichen Podiumsdiskussion bemängelte Silke Voigt-Heucke vom Projekt „Forschungsfall Nachtigall“, dass Citizen Science Projekte einige Zielgruppen nicht konsequent genug ansprechen. In der Bürgerforschung würden Männer vor allem die naturwissenschaftlichen Projekte prägen und dominieren. „Wir brauchen mehr naturforschende Frauen als Rollenbilder, um weiblichen Nachwuchs anzusprechen“, sagte Voigt-Heucke.

Matthias Nuss vom Senckenberg Museum in Dresden stellte eine App vor, die er für das Insekten-Monitoring in Sachsen nutzt: „Mit einem Smartphone hat heutzutage jeder einen kleinen Computer in der Tasche. Wir können und sollten das nutzen.“ Außerdem könnten Projekte Tools in die App oder die Website einbauen, die helfen, die Qualität der eingegebenen Daten einzuschätzen, sagte Nuss.

Apps funktionieren aber nicht mit allen Bürger*innen, berichtete Matthias Nuss aus Erfahrung: „Manchmal braucht es längere, intensive, persönliche Ansprache, um Menschen zu motivieren.“ Wie wichtig es den Nachwuchs-Bürgerforscher*innen ist zu wissen, was mit ihren gesammelten Daten passiert, zeigte Vanessa van den Bogaert in ihrer Evaluation der „Plastik Piraten“. So begeisterten sich Schüler*innengruppen stärker für das Thema, wenn sie erfuhren, dass Wissenschaftler*innen mit den gesammelten Daten arbeiteten und sie für die Forschung relevant waren. „Citizen Science wirkt langfristig“, sagte die Erziehungswissenschaftlerin.

Zum Forum Citizen Science traf sich die Bürgerforschungs-Community vom 6. - 7. September in Frankfurt am Main in der Senckenberg-Anlage. Foto: Senckenberg
Zum Forum Citizen Science traf sich die Bürgerforschungs-Community vom 6. - 7. September in Frankfurt am Main in der Senckenberg-Anlage. Foto: Senckenberg

Wie geht es weiter mit der Citizen Science Plattform Bürger schaffen Wissen?

Wie soll es mit Bürger schaffen Wissen weitergehen? Was wünscht die Community von der Plattform? In ihrem Workshop stellten David Ziegler und Katja Machill den aktuellen Stand des Strategieprozesses von Bürger schaffen Wissen vor.

Neu gegründete  Arbeitsgruppen stellten ihre inhaltlichen Schwerpunkten vor: Ein niedrigschwelliger Austausch über Citizen Science in deutscher Sprache mit den Kolleg*innen in Österreich und der Schweiz, Bürgerforschung in der Schule sowie Citizen Science und die Wissenschaftspolitik. Außerdem sammelten die Teilnehmer*innen weitere Ideen, z.B. für regionale Ortsgruppen oder eine Arbeitsgruppe zu Citizen Science in der Biodiversitätsforschung. Gemeinsam arbeiteten sie diese Themen weiter aus.

Für das Team Bürger schaffen Wissen stehen im kommenden Jahr der Abschluss des laufenden Strategieprozesses und die Ausarbeitung eines Finanzierungskonzepts ab 2020 im Mittelpunkt.

Daniel Dörler und Florian Heigl von der Plattform Österreich forscht, dem österreichischen Pendant zu Bürger schaffen Wissen, stellten vor, was ihrer Citizen Science Community wichtig ist. „Unsere Partner möchten gerne, dass man sich persönlich trifft“, sagte Florian Heigl,  der persönliche Austausch sei wichtig um das Gemeinschaftsgefühl zu fördern.

Die Bedarfe der Community in Deutschland scheinen da ganz ähnlich zu sein. „Ohne die von Bürger schaffen Wissen organisierten Veranstaltungen hätte die Citizen Science Community in Deutschland keinen Anlass, zusammenkommen“, fasste ein Teilnehmender im Abschlussfeedback zusammen.

Florian Heigl von Österreich forscht berichtete, dass Citizen Science Community der persönliche Austausch miteinander besonders wichtig ist. Foto: Senckenberg
Florian Heigl von Österreich forscht berichtete, dass in der Citizen Science Community der persönliche Austausch miteinander besonders wichtig ist. Foto: Senckenberg

 

Marina Wirth

Die Biologin ist seit Februar 2018 Volontärin bei Wissenschaft im Dialog. Dort unterstützt sie unter anderem das Projekt Bürger schaffen Wissen.