Ver.sucht, ver.eint, ver.antwortet – Ein Bericht zur OECSK23
Die Vision unserer Schwester-Plattform „Österreich forscht“ ist es, durch Citizen Science eine neue Kultur der Zusammenarbeit für die Wissenschaft zu etablieren. Hierfür hat sie bei der diesjährigen Österreichischen Citizen Science Konferenz (OECSK23) einen idealen Partner und Veranstaltungsort gefunden: Die Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz. Hier konnten alle Teilnehmenden – wer wollte sogar wortwörtlich (siehe Foto) – hineinrutschen in die Welt der Citizen Science, Erfahrungen teilen, gemeinsam arbeiten in inspirierenden Räumen wie dem „Open Innovation Lab“ oder dem „Zirkus des Wissens“ und abtauchen im „Deep Space“ des Ars Electronica Centers.
Die OECSK23 vom 19. bis 21. April 2023 stand unter dem Motto „ver.suchen – ver.einen – ver.antworten“. Das Netzwerk „Österreich forscht" (BOKU Wien) und die JKU haben dazu in Kooperation mit der Ars Electronica und der Ludwig Boltzmann Gesellschaft ein vielfältiges Programm aufgestellt. Einige unserer persönlichen Impressionen möchten wir in diesem Beitrag mit euch teilen.
VER.SUCHEN
Drei Tage lang bot die Konferenz unter dem Stichwort „ver.suchen” Raum dafür, Innovation in der Forschung voranzutreiben und neue Ansätze in Citizen Science zu präsentieren. „Versucht“ wurde außerdem ein neues Austauschformat, welches von der Moderation mit „geplantem Chaos“ angekündigt wurde – die Cabin Talks. Für eineinhalb Stunden übernahmen Projekt-Vertreter*innen die unterschiedlich gestalteten Cabins (kleine Büros oder Sitzecken) und kamen mit ihren wechselnden Gästen ins Gespräch. Diese konnten zum Beispiel erfahren, wie der Verein Sorgenetz die narrative Methode des Erzählcafés für Citizen Science fruchtbar macht, sie konnten mit dem OeAD-Zentrum diskutieren, welche Besonderheiten das Einbinden von Familien in die Forschung mit sich bringt oder sie konnten selbst die Fäden weiterspinnen in der Cabin zum Projekt „Prähistorische Webtechniken“ des Naturhistorischen Museums Wien.
Bürger schaffen Wissen war in dieser Rubrik mit dem Workshop „Was macht Citizen Science wissenschaftlich exzellent?“ vertreten, über den wir in einem separaten Artikel berichten.
VER.EINEN
Unter der Überschrift „ver.einen“ ging es in vielen Konferenzbeiträgen um den Austausch innerhalb der Community und darum, von der Gemeinschaft zu lernen. Im Workshop „Mentoring unter einem DACH” lud die D-A-CH-AG dazu ein, über das Potential eines länderübergreifenden Mentoring-Programms zu reflektieren. Dabei teilten die Teilnehmenden ihre Bedarfe und diskutierten in großer Runde, welche Must-Haves und Nice-to-Haves ein solches Mentoring-Programm ausmachen könnten.
Wie von „vereintem” Wissen profitiert werden kann, spiegelte sich auch in den Akteurskonstellationen einiger vorgestellter Projekte wider. So forschen beispielsweise Kathrin Meyer (JKU Linz) und ihr Team nicht nur gemeinsam mit Citizen Scientists, sondern auch mit Künstler*innen und Expert*innen daran, KI verständlich zu erklären. Wie über Sektorengrenzen hinweg „vereint“ und miteinander gearbeitet werden kann, veranschaulichte beispielhaft der Lightning Talk „Zivilgesellschaftliche Akteur*innen in Citizen Science – Quo vadis?“. Unter dem Credo MIT der und nicht ÜBER die Zivilgesellschaft zu sprechen, stellte Gesine Heinrich vom Museum für Naturkunde Berlin den Wettbewerb „Auf die Plätze – Citizen Science in deiner Stadt“ vor und kam anschließend mit dem Preisträger Stephan Kaiser vom Kulturhaus Süderelbe e.V. ins Gespräch. Er ist Koordinator des Hamburger Projekts „Stadtrandgeschichten“, in dem Bürger*innen mit Methoden der Geschichtswissenschaft und des Theaters erforschen, wie in der durch Migration geprägten Region Süderelbe persönliche Geschichten als Teil der Lokalgeschichte zum gemeinsamen Identifikationsanker werden können. Kaiser betonte, dass für seinen Verein die Zusammenarbeit mit der institutionalisierten Wissenschaft – dem Bereich Public History der Universität Hamburg – einen echten Mehrwert schafft: neben der inhaltlichen Qualität der Perspektivenvielfalt bedeute die Kooperation eine höhere Reputation für die Arbeit der Geschichtswerkstatt Süderelbe und ein besseres Standing gegenüber der lokalen Politik.
VER.ANTWORTEN
Ein dritter Fokus der Konferenz lag auf der Übernahme von „Verantwortung“ und der Gestaltung von Rahmenbedingungen von Citizen Science. Hierfür war auch der Blick über die Citizen-Science-Bubble hinaus notwendig. So referierte zum Beispiel Barbara Heinisch von der Universität Wien über die Herausforderungen eines „kränkelnden“ Wissenschaftssystem und hinterfragte anhand eines Artikels von Philip Mirowski kritisch die Rolle von Citizen Science in diesem: Was von den einen als Allheilmittel angesehen wird, ordnen andere als eine Erscheinung des Neoliberalismus ein.
Auch die beiden Keynotes lassen sich dem Schlagwort „ver.antworten“ zuordnen. Margaret Gold, Citizen Science Koordinatorin an der Universität Leiden, analysierte in ihrem Vortrag „Riding four waves of Citizen Science: a global to local view of a field in motion“ Möglichkeiten der Politikgestaltung auf globaler, europäischer, nationaler und lokaler Ebene. Sie hielt ein Plädoyer für das Erzählen von Erfolgsgeschichten und das Verwenden von Bildern. Diese könnten das Interesse von Stakeholdern und Politiker*innen wecken und so ermöglichen, dass auf den unterschiedlichen politischen Ebenen Strategien für bessere Rahmenbedingungen für Citizen Science gebildet werden.
VER.ÄNDERN
Anderer Veranstaltungsort, andere Akteur*innen: Der dritte und letzte Tag der OECSK fand auf dem Hauptplatz im Herzen von Linz statt. Es gab Forschungskioske und Marktstände von Projekten, an denen sich Bürger*innen informieren konnten. Eine tolle Gelegenheit für alle bereits freiwillig Engagierten und alle potentiellen Linzer Citizen Scientists!
Wir schließen mit einem Dank für die fachlichen Impulse und die gute Organisation – und freuen uns auf’s nächste Jahr! Für 2024 wurde bereits eine besondere Veränderung angekündigt: Die Österreichische Citizen Science Konferenz findet zusammen mit der Konferenz der European Citizen Science Association in Wien statt.