Evaluation Bürgerforschung: Das Wirkungsmodell der Projektförderung des BMBFs am Beispiel der zweiten Richtlinie
Seit Ende 2020 sind Technopolis und das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NAWIK) damit beauftragt, für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Evaluation der eigenen Förderungsaktivitäten im Bereich Bürger*innenforschung durchzuführen. In einer Blogreihe informieren beide Organisationen regelmäßig über Erkenntnisse und Ergebnisse ihrer eigenen Untersuchung, aber auch Wissenswertes und Hilfreiches aus der Evaluation.
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Das Wirkungsmodell gibt einen Überblick über Mission, Ziele, Inputs sowie erwartete Ergebnisse und Wirkungen der Projektförderung der zweiten Richtlinie und strukturiert damit auch unsere begleitende Evaluation. Dahinter stehen Annahmen über die Wirkungsweise der Projektförderung.
Mit der Richtlinie 2019 werden zwei übergeordnete Missionen verfolgt:
- Die Bürgerforschung soll in Gesellschaft und Wissenschaft verankert werden.
- Der Wissenstransfer zwischen Forschung und Gesellschaft soll gestärkt werden.
Der Transferbegriff wird dabei reziprok verstanden: Wissen soll von der Forschung in die Gesellschaft gelangen, aber auch aus der Gesellschaft, also von den Bürger*innen, in die Wissenschaft.
Auf der nächsten Ebene werden sieben Ziele verfolgt, die sich an die Wissenschaft und Gesellschaft, fallweise nur an die Bürger*innen oder Wissenschaftler*innen, richten:
- Der Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Gesellschaft soll beschleunigt werden.
- Das Programm soll durch Wissenschaftskommunikation die Austauschbeziehungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, erneut gegenseitig, stärken.
- Die Zusammenarbeit von nicht-staatlichen Organisationen und wissenschaftlichen Einrichtungen soll angeregt werden.
- Die Bürgerforschung soll in institutionellen Strukturen verankert werden.
- Auf Ebene der Bürger*innen soll die Wissenschaftsmündigkeit gefördert werden.
- Weiterhin soll der Beitrag der Bürger*innen zur Schaffung neuen Wissens gestärkt werden.
- Für die Wissenschaftler*innen soll das Programm die methodische Kompetenz für die Bürgerforschung ausbauen.
Auf der Input-Ebene, also den Aktivitäten und Instrumenten, gibt es im Wesentlichen drei Aspekte zu berücksichtigen:
- Es handelt sich um eine Förderung von Forschungsprojekten im Wettbewerb. Für die Förderung von Forschungsprojekten im Wettbewerb gibt es Auswahlmechanismen, die angemessene Beteiligung von verschiedenen Institutionentypen, Fachrichtungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen (ZGO) in verschiedenen Rollen und der Bürgerinnen und Bürger sicherstellen sowie einen Fokus der Projekte auf gesellschaftlich relevante Fragestellungen.
- Die Projekte werden in der Durchführung ihrer Selbstevaluation von Technopolis und dem NaWik begleitet. Für die begleitende Evaluierung sind die wichtigsten Aspekte die Begleitung, Vernetzung und Austausch zu Erhebungen, Herausforderungen und Erfolgsfaktoren auf den Jahrestreffen, Zoom-Calls und über das Forum.
- Die Plattform Bürger schaffen Wissen (BSW) gibt den Projekten die Möglichkeit, sich auf der Plattform vorzustellen und an Vernetzung und Austausch teilzunehmen
Auf Ebene der Outputs und Outcomes kann man drei Wirkungspfade unterscheiden: Forschende und Wissenschaft, Bürger*innen und Gesellschaft und Policy Maker und Projekte. Teilweise gibt es Überschneidungen zwischen den Wirkungsfeldern.
Forschende und Wissenschaft
Die Outputs für Wissenschaft und Forschung sind vielfältig. Direkte Ergebnisse sind z.B., dass sich Bürger*innen und ZGO an Forschungsprojekten beteiligen und den Forschungsprozess mitgestalten, Vernetzung mit Außenstehenden (Forschungsprojekten) je nach Forschungsthema und einer neuartigen Zusammenarbeit. Klassisch wissenschaftliche Outputs wären z.B. Publikationen und Abschlussarbeiten. Außerdem sollen neue (bürgerwissenschaftliche) Projektanträge entstehen. Outcomes entstehen durch das Erkennen der Potenziale bürgerwissenschaftlicher Forschung und die Entwicklung neuer Formate für Wissenstransfer und -Kommunikation. Projekte tragen zu einer Erhöhung des Stellenwerts der bürgernahen Forschung in der Wissenschaft bei und sorgen dabei für eine Veränderung der (Selbst-)Wahrnehmung und einem Einfließen der Expertise von Bürger*innen in den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und in den Forschungsprozess. Durch die Involvierung diverser Akteure ergeben sich neue Kooperationen und es entstehen neue bürgerwissenschaftliche Initiativen an den teilnehmenden Institutionen.
Bürger*innen und Gesellschaft
Auf der Output-Ebene entstehen Projektergebnisse wegen der Projektschnittstelle zu den Bürger*innen und Gesellschaft. Hier ist die Beteiligung von entsprechenden Organisationen bzw. Individuen in den Projekten, die Beteiligung der Bürger*innen auch im Design der Forschungsprozesse, die Vernetzung zwischen Forschenden und Bürgerinnen und Bürgern allgemein und den entsprechenden Organisationen sowie die Zusammenarbeit in verschiedenen Formaten gegeben. Genauso relevant sind Veröffentlichungen und die Medienarbeit, die innerhalb der Projekte für die Akquise von Bürgerforschenden und die Bewerbung von Veranstaltungen geleistet wird. Wichtige Outcomes sind Erkenntnisse über Erfolgsfaktoren bürgerwissenschaftlicher Forschung und ein erweitertes Verständnis von wissenschaftlicher Forschung. Die Projektteilnahme erweitert den Horizont der Teilnehmenden in Hinblick auf das Forschungsgebiet, wodurch Teilnehmende sich stärker in wissenschaftliche Prozesses einbringen können.
Policy Maker, Projekte und Öffentlichkeit
Auf der Output-Ebene kommt es im Rahmen der Teilnahme an der Bürgerforschungsinitiative zu gemeinsamen jährlichen Treffen zur Vernetzung untereinander. Projekte können auf den Treffen und durch die gemeinsame Erarbeitung des Handbuchs zur Selbstevaluation und anderen zur Verfügung gestellten Hilfestellungen voneinander lernen und zur systematischen Erhebung von Daten (auf Projekt-Ebene) beitragen. Daraus entstehen Outcomes in Form von Lerneffekten von Projektverantwortlichen und Beteiligten, die aus ihren Projekten neue Erkenntnisse zur, sowie zu Anforderungen an die Förderung von Bürgerforschung Schlussfolgerungen und Empfehlungen an die Innovationspolitik vermitteln.
Impacts der drei Wirkungspfade
Die Impacts – längerfristige Wirkungen – können aufgrund des Zeitrahmens nicht im Fokus der begleitenden Evaluierung stehen, sie vervollständigen aber das Wirkungsmodell konzeptuell. Die Projektförderung soll einen Beitrag dazu leisten, die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Bürger*innen zu verstetigen. Über die Zusammenarbeit verbessert sich das gegenseitige Verständnis von Wissenschaft und Bürger*innen, und es setzt und sich ein gegenseitiger Wissenstransfer in Gang, der sich beschleunigt. Die Bürger*innen erlangen durch die Teilnahme an der Initiative Wissenschaftsmündigkeit und ein neues Verständnis von dem Begriff der Wissenschaft.
Das Programm kann einen Beitrag dazu leisten, bürgerwissenschaftliche Methoden in weiteren Fachgebieten zu etablieren und das Verständnis dessen, was Wissenschaft ist, zu verändern. Die Bürgerwissenschaft gewinnt an Akzeptanz und lässt eine Unterstützungsstruktur für Bürgerwissenschaftsprojekte auch außerhalb der geförderten Einrichtungen entstehen.
Über den Gastautor
Tobias Dudenbostel arbeitet als Senior Consultant bei Technopolis und übernimmt die Rolle der Projektleitung. Mehr Information über das Evaluationsteam gibt es hier.
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